Update der Exotenpflanzung in Leverkusen-Rheindorf, 13.09.2009
Drittes Update Spätsommer 2009
A. F. Eckloff & M. Lorek

Im Anschluss an die Begehungen am 07.01.2009, 13.01.2009 und 03.03.2009 wurde am 13.09.2009 zur Feststellung des vorläufigen Schadbildes nach dem rheinischen Kaltwinter 2008/09 eine für dieses Jahr abschließende Bestandsaufnahme vorgenommen. Vorläufig deshalb, weil primäre Schäden nun definitiv feststellbar sind, ihre Auswirkungen im Folgewinter aber noch nicht. Diese sekundären Schäden beträfen dann vorwiegend eine Schwächung der Pflanzen durch die vorausgegangen Frostschäden und bewirken eine herabgesetzte Frost- und Kältetoleranz im Folgewinter.

Zu betonen ist, dass entsprechend der Philosophie der Projektverantwortlichen lediglich - und dies auch nur bei sehr wenigen Palmen - passiver Winterschutz betrieben wurde, d. h. insbesondere keinerlei künstliche Wärmequellen zum Einsatz kamen. Die Einzelheiten der getroffenen passiven Winterschutzmaßnahmen wurden bereits im Rahmen der oben genannten Berichte erläutert.

Die Anfang des Jahres vorläufig getroffenen Schadenseinschätzungen haben sich im Großen und Ganzen als richtig erwiesen. Hierzu im Einzelnen:

1. Palmen

1.1. Trachycarpus Fortunei
Von den insgesamt 20 ausgepflanzten Trachycarpi dürften nach derzeitigem Stand 19 sicher überlebt haben. Zweifellos gilt dies für die 16 im Jahre 2004 sowie die eine im Jahr 2006 gepflanzte Palme, die über den Sponsor der "Rheindorfer Palmen", die Firma OBI-Gartenparadies, bezogen wurden. 16 dieser 17 Pflanzen wiesen nach dem Rheinischen Kaltwinter nur Schäden der Stufe 1, also geringe Erfrierungen an den Blättern auf, die bei genauer Betrachtung auch heute noch an älteren Fächern erkennbar sind.


Chlorose an einzelnen Kammern des Trachycarpus fortunei Blattes als Zeichen der WInterschädigung

Sämtliche 17 Pflanzen trieben ganz normal, d. h. ohne verkümmerte oder deformierte Lamina (Blätter) wieder aus. Der Blattschopf dieser Exemplare weist aufgrund der nur geringfügigen Winterschäden kaum ästhetische Mängel auf. Im Rahmen des Rheindorfer Exotenprojektes haben sich Trachycarpi fortunei als durchaus geeignete, exotische Straßenbegleitpflanzung erwiesen.


Kleine Trachycarpus-Allee an der Südseite der Wupperstraße. Leichtgradige Winterschäden am alten Blatt.


Trachycarpus fortunei an der Südseite der Wupperstraße an einer Parkbucht, nur geringfügige Winterschäden, kräftiger Neuaustrieb


Trachycarpus fortunei an der Südseite der Wupperstraße , ebenfalls kräftiger Neuaustrieb


Trachycarpus fortunei an der Südseite der Wupperstraße, geringfügige Winterschäden, kräftige Fruchtbildung, kaum Pseudofrüchte


Trachycarpus fortunei an der Südseite der Wupperstraße auf einer Parkbucht, nur geringfügige Winterschäden, kräftiger Neuaustrieb


Trachycarpus fortunei an der Nordseite der Wupperstraße, nur geringfügige Winterschäden, kräftiger Neuaustrieb


Trachycarpus fortunei auf dem Kreisel, nur geringfügige Winterschäden, kräftiger Neuaustrieb. An diesem sowie am zweiten Exemplar auf dem Kreisel wurde leichter, passiver Schutz angebracht

Weniger befriedigend haben sich hingegen die drei im Jahre 2006 ausgepflanzten Trachycarpi entwickelt, die von einem norditalienischen Händler bezogen wurden. Alle 3 Exemplare waren nach dem Kaltwinter fast oder vollständig entblättert (defoliert). Zwei dieser Exemplare haben mittlerweile neue, sichtbare Blätter gebildet. Allerdings sind die Blattstiele sehr kurz und die Laminae zeigen mehr oder weniger deutliche Deformierungen. Die Anzahl der Blätter ist zudem deutlich geringer als bei den anderen Trachycarpi im Exotenprojekt. Entweder ist der Unterschied in den Schadensbildern in den unterschiedlichen Herkünften der Pflanzen zu suchen oder in der erst kürzeren Auspflanzdauer. Da alle Pflanzen vor dem Winter vital waren, ist eher von ersterer Annahme auszugehen.


Trachycarpus fortunei an der Südseite der Wupperstraße mit deutlichen Winterschäden, mäßiger und teilweise deformierter Neuaustrieb


Trachycarpus fortunei Gruppe mit unterschiedlichen Graden der Winterschädigung. Der große T. fortunei war ebenso wie der linke, kleinere entblättert, hat sich aber regeneriert

Das dritte, links gepflanzte Exemplar des oben gezeigten 3er-Tuffs vor dem Heilpädagogischen Heim treibt bislang als einziger Trachycarpus fortunei überhaupt nicht mehr aus und soll jetzt kurzfristig ausgegraben sowie in einem Topf neu gepflanzt und dann warm überwintert werden.

Hervorzuheben ist, dass einige der weiblichen Pflanzen im Rheindorfer Exotenprojekt schon wieder kräftige Fruchtstände aufweisen. Die Samenreife dürfte bald zu erwarten sein.


Trachycarpus fortunei an der Südseite der Wupperstraße, kräftiger Fruchtstand

1.2. Chamaerops humilis
Bei dem einzigen, im Jahre 2006 auf der mikroklimatisch warmen Nordseite der Wupperstraße gepflanzten Exemplar einer Chamaerops humilis konnten im Frühjahr bei zwei Stämmen - wie berichtet - die Speere gezogen werden. Trotz zum Zwecke des Feuchtigkeitsschutzes errichteter Überdachung sowie Chinosolbehandlung war aus diesen beiden Stämmen kein Neuaustrieb mehr feststellbar. Allerdings treibt die Pflanze aus mehreren kleineren Stammansätzen wieder aus, hat also den Winter überlebt.


Chamaerops humilis an der Südseite der Wupperstraße, Neuaustrieb aus Seitenstämmen, während der Hauptstamm abgestorben ist

1.3. Jubaea chilensis
Die Rheindorfer Jubaea chilensis hat ihren ersten "rheinischen Winter" nach der Pflanzung - wohl als eine der ganz wenigen ihrer Art und vor allem Größe - ausschließlich mit passivem Winterschutz überlebt, während die weit überwiegende Mehrzahl passiv geschützter Exemplare nach persönlichen Berichten und einer Recheche im Internet abgestorben sind. Die Einzelheiten hierzu bleiben einem gesonderten Bericht vorbehalten, da sich daraus gravierende Änderungen in der Einschätzung der Winterhärte von Jubaea chilensis ergeben.


Jubaea chilensis

2. Sukkulenten
Die auf der mikroklimatisch warmen Nordseite der Wupperstraße seit 2006 regengeschützt unter einem Trachycarpus fortunei ausgepflanzte Agave americana sowie die erst im Herbst 2008 im östlichen Kreisel gepflanzten Agave gentryi und Yucca treculeana haben den vergangenen Kaltwinter nicht überlebt. Bei einer Tiefsttemperatur von etwa –13,5 °C war das Absterben von Agave americana zu erwarten.

Der östliche Kreisel wies eine noch deutlich kältere Tiefsttemperatur von rund –17 °C. auf. Dass Agave gentryi einen derart tiefen Frost regelmäßig nicht überlebt, ergibt sich nach dem vergangenen Kaltwinter auch aus anderen Berichten, sodass man den Schluss ziehen kann, diese Art als nicht winterhart zu bezeichnen. Insbesondere auch deshalb, weil Rheindorf im "Rheinischen Kältewinter" noch zu den "mildesten" Standorten gehörte. Anderenorts wurden deutlich tiefere Temperaturen gemessen, beispielsweise Düsseldorf Flughafen –19,9 °C.

Weiterhin offen bleiben dürfte hingegen die Winterhärte von Yucca treculeana ohne Regenschutz. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass das Rheindorfer Exemplar einerseits frisch gepflanzt war und andererseits als bereits von Anfang an leicht vorgeschädigt entsprechend preiswerter erworben wurde. Insofern erschien ein neuerlicher Auspflanzversuch jedenfalls nicht aussichtslos.

Nennenswerte Schäden wies auch die erst im vergangenen Herbst von der nördlichen Wupperstraße in das neu errichtete Sukkulentenbeet im östlichen Kreisel verpflanzte Yucca gloriosa 'Variegata' auf. Während das ebenfalls im Jahre 2005 als "Schwesterpflanze" (Klon) erworbene und auf der südlichen Wupperstraße neben der Chamaerops humilis verbliebene Exemplar ohne größere Schäden blieb und aktuell im zweiten Jahr hintereinander einen Blütenstand entwickelt, erlitt das "Kreiselexemplar" schwerste Schäden. Konkret trieb letztgenannte Pflanze überhaupt nicht mehr oben aus dem Stamm aus. Erst kürzlich zeigte sich erstes "Lebenszeichen", als am unteren Teil des Stammes ein kleiner Neuaustrieb sichtbar wurde, sodass die Yucca gerade noch so eben überlebt zu haben scheint. Dies belegt einmal mehr die signifikant tieferen Temperaturen des östlichen Kreisels im Verhältnis zur Wupperstraße, vor allem im Verhältnis zu deren südlichen Straßenseite.

Dass Yucca recurvifolia, Yucca gloriosa und Yucca flaccida ohne wesentliche Schäden blieben, war ohne Weiteres zu erwarten. Allerdings wiesen die beiden zuerst genannten Arten teilweise doch leichte bis sogar mittelschwere Blattschäden auf, die sich dann aber während der warmen Monate schnell auswuchsen.

Nicht mit Sicherheit erwartet werden konnte allerdings, dass die große und ohne Wurzeln erst im Herbst vergangenen Jahres gepflanzte und ohne jeden Regenschutz gebliebene Yucca rostrata im Kreisel mit geringfügigen Schäden überlebt hat und im Laufe dieses Sommers sogar erste neue Blätter in der Mitte des Blattschopfes produzierte. Auch die ebenfalls erst im vergangenen Jahr im neu angelegten Sukkulentenbeet ohne Regenschutz gepflanzten Agave utahensis, Agave havardiana und Agave neomexicana überlebten ohne erkennbare Schäden ebenso wie sämtliche Opuntien (Feigenkakteen), von denen dieses Jahr sogar eine erstmals blühte.


Agaven auf dem Kreisel


Yucca rostrata mit geringfügigen Blattschäden, treibt mit längerem Blatt aus

3. Sonstige mediterrane Gewächse
Feige (Ficus carica), Wein (Vitis vinifera) und Kiwi (Actinidia deliciosa) überlebten erwartungsgemäß schadlos.

Die Scheinstämme der Bananenpflanzen (Musa basjoo) froren zwar im vergangenen Winter erstmals in den errichteten Bananenkästen völlig zurück, allerdings trieben die Pflanzen erwartungsgemäß zum allergrößten Teil wieder aus. Die jüngsten Blätter der größten Exemplare erreichen bereits wieder über eine Höhe von 2 Metern.


Mischpflanzung von Musa basjoo und Trachycarpus fortunei an der Südseite der Wupperstraße


Ficus carica an der Nordseite der Wupperstraße

Nicht zu erwarten war, dass die beiden 2006 gepflanzten Olivenstämmchen einen echten Kaltwinter überleben könnten, was aber der Fall ist. Allerdings mit unterschiedlich stark ausgeprägten Schäden. Während das Exemplar auf der kleinklimatisch kälteren südlichen Seite der Wupperstraße vor dem Neuaustrieb sämtliche Blätter verlor, blieben bei dem auf der wärmeren Nordseite gepflanzten Exemplar sogar noch einige alte Blätter erhalten. Die zuletzt genannte Pflanze bringt derzeit sogar drei Olivenfrüchte hervor.

Insgesamt kann somit jetzt festgestellt werden, dass sich auch im vergangenen Kaltwinter, wie er in der Niederrheinischen Bucht etwa alle 10 Jahre vorkommt, eine Vielzahl von kälteempfindlichen mediterranen Pflanzen insbesondere an mikroklimatisch begünstigten Stellen der Leverkusener Rheinuferzone - die zwischen 1971 und 2000 im Hinblick auf Jahresdurchschnitts- und Januardurchschnittstemperatur wärmster Ort Deutschlands war - ohne jeden bzw. mit passivem Winterschutz als winterhart erwiesen haben.

Unabdingbare Voraussetzung hierfür war und ist allerdings selbst an diesem klimatisch begünstigten Ort eine professionelle Pflanzplanung. Beispielsweise wurde bei diesem Projekt auf aus dem Flugzeug aufgenommene Wärmebilder, kontinuierlich über zwei Winter hinweg vorgenommene kleinklimatische Temperaturmessergebnisse, Bodenbeschaffenheitsuntersuchungen sowie auf professionelle Auspflanzerfahrungen des städtischen Gartenbaumeisters und seiner Mitarbeiter, benachbarter Städte, botanischer Gärten, botanischer Universitätsfachbereiche und die externe Beratung durch erfahrene Exotengärtner zurückgegriffen werden. Voraussetzung für die erfolgreichen Auspflanzungen waren weiterhin die handverlesene Qualität der im Jahre 2004 vom Sponsor erworbenen Palmen, wie die oben geschilderten negativen Erfahrungen des letzten Winters mit den drei im Jahre 2006 in Italien wesentlich billiger erworbenen Palmen deutlich gemacht haben. Letztendlich standen auch entsprechendes Gerät sowie entsprechende Schutzmaterialien zur Verfügung, die den vorgenommenen abgestuften passiven Winterschutz ermöglichten. Eine "in`s Blaue hinein", also ohne entsprechende Planung mit Hilfe zumindest eines einschlägigen Fachbuchs oder eines professionellen Gärtners vorgenommene Pflanzung der oben genannten kälteempfindlichen Pflanzenarten dürfte sich daher in einem Kaltwinter als weniger erfolgreich erweisen.


Zitiervorschlag: Eckloff, A. F. & Lorek, M. 2009: Update der Exotenpflanzung in Leverkusen-Rheindorf, 13.09.2009. Drittes Update Spätsommer 2009. – http://www.tropengarten.de/Botanik/leverkusen3.html am Tg.Mo.Jahr.