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Hyoscyamus niger L.
  synonym: Hyoscyamus agrestis Kit. ex Schult.
                 Hyoscyamus bohemicus F. W. Schmidt
                 Hyoscyamus pallidus Waldst. & Kit. ex Willdenow<

Schwarzes Bilsenkraut, Solanaceae - Nachtschattengewächse
Sommerblüher, VI–X, 20–80 cm hoch, immergrün, ein-, zweijährig

Das Schwarze Bilsenkraut tritt in Mitteleuropa überwiegend zerstreut auf, mit größeren Lücken. Im Bergland und den Alpen fehlt es. Das Verbreitungsgebiet ist europäisch-westasiatisch. In Mitteleuropa ist die Art schon seit prähistorischer Zeit eingebürgert, da schon germanische Stämme ganze Bilsengärten anlegten und diese als Ritualpflanzen nutzten. Die schmerzreduzierende und halluzinogene Eigenschaft des Bilsenkrauts war wahrscheinlich mit ein Grund für den Kampfeswillen der alten Germanen.

Bevorzugt siedeln die Pflanzen auf basen- und kalkreichen Ruderalstandorten, in den Küstenspülsäumen und auf Äckern. Im mediterranen Raum finden sich die Pflanzen meist auf Mauern, gepflasterten Wegen oder Brachen. Hyoscyamus niger ist ein Ausläufer bildendes, aufrecht wachsendes, verzweigtes oder unverzweigtes Kraut. Die Stängel sind stumpfkantig, weich behaart und klebrig-zottig. Die Laubblätter sind wechselständig, bis 20 cm lang, länglich-eiförmig, ganzrandig oder gezähnt oder unregelmäßig spitz gelappt. Obere Stängelblätter sind gestielt, untere hingegen sitzend oder stängelumfassend. Der Blütenstand ist eine einseitswendige Ähre. Die Blüten stehen einzeln in den Achseln von Hochblättern. Der Kelch ist glockenförmig, zur Fruchtreife mehr oder weniger aufrecht und umschließt die Frucht teilweise. Die Kronblätter sind schmutzig gelb, zu einer Röhre verwachsen, 5-zipfelig, meist im Schlund und den Adern braunviolett gefärbt. Später bildet sich eine Fruchtkapsel, die sich mit einem Deckel öffnet und bis zu 500 nierenförmige, bis 1,3 mm lange Samen enthält. Die Fruchtstände sind bei Reife meist kerzenförmig aufrecht oder bogenförmig überhängend. Die Samen sollen mit mehreren hundert Jahren extrem lange keimfähig bleiben.

Manche Autoren trennen Morphotypen des Hyoscyamus niger mit vollständig gelber Krone als H. pallidus oder H. niger var. pallidus Waldst. & Kit. ex Willdenow<
ab.


Abb. 1 Aufrecht wachsende Pflanze des Hyoscyamus niger auf einem gepflasterten Weg in der Altstadt von Castelsardo, Via Rinascita, Sardinien, Italien, 23.10.2017
Abb. 2 Fruchtstand des Hyoscyamus niger mit den vertrockneten, glockenförmigen Kelchen, Altstadt von Castelsardo, Via Rinascita, Sardinien, Italien, 23.10.2017
Abb. 3 Unreife und reife Früchte des Hyoscyamus niger, die von den Kelchen umschlossen werden, Altstadt von Castelsardo, Via Rinascita, Sardinien, Italien, 23.10.2017
Abb. 4 Rein gelbe Blüte des Hyoscyamus niger var. pallidus, Altstadt von Castelsardo, Via Rinascita, Sardinien, Italien, 23.10.2017


Der Gattungsname Hyoscyamus L. stammt von gr. "hys" (= Schwein) und gr. "kyamos" (= Bohne), zu "Saubohne", möglicherweise nach der Ähnlichkeit der Samen mit jenen der Saubohne, Vicia faba L. Das Epitheton niger stammt von lat. "niger" (= schwarz, dunkelfarbig) und bezieht sich auf die dunkle Aderung der Kronblätter.

Hyoscyamus niger sind dekorative Blüten- und Fruchtpflanzen für den Exotengarten, die einen offenen, sonnigen und warmen Standort bevorzugen. Als Zweijährige kann man die Saat nach der Fruchtreife absammeln und im folgenden Jahr aussäen oder die Pflanzen sich selbständig ausbreiten lassen, sofern offene Bodenflächen vorhanden sind.

Referenzen
Genaust, H. 2012: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. – Nikol-Verlag, Hamburg, 701 S.
Jäger, E. J. 2011: Rothmaler, Exkursionsflora von Deutschland. Gefäßpflanzen: Grundband. – Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 930 S.



Zitiervorschlag: Lorek, M. 2018: Hyoscyamus niger. – http://www.tropengarten.de/Pflanzen/hyoscyamus-niger.html am Tg.Mo.Jahr.