Am Wasserfall
Dreimühlen
Anfahrt nach Nohn im Norden der Vulkaneifel, Rheinland-Pfalz, an der Grenze
zu NRW. Ab dem kleinen Ort Nohn ist der Wasserfall ausgeschildert. Etwa 1
km außerhalb des Ortes liegen rechter Hand die zwei gut sichtbaren
und ausgeschilderten Wanderparkplätze, von denen aus man auch zur Nohner
Mühle gelangt. Ein Ortsplan (siehe Abb.1) am Parkplatz gibt einen guten
Überblick über die Wanderwege und die Wegbescheibung zum etwa 1
km entfernten Wasserfall, den man über drei Alternativrouten erreicht
und eigentlich nicht verfehlt, da alle drei Routen im Tal des Ahbachs verlaufen..
Während der Saison hat auch das Restaurant an der Mohner Mühle
geöffnet.
Das botanisch Interessante der Umgebung des Wasserfalls Dreimühlen ist
in seiner geologischen Besonderheit begründet. Großteils ist die
Eifel aus Schieferschichten aufgebaut, durchbrochen von den bekannten
Vulkangebieten. An einzelnen Stellen jedoch treten Kalkschichten zutage.
Es sind Meeresablagerungen, deren Schichten sich durch die tektonischen
Kräfte wellenförmig umgelagert haben und über die Erdzeitalter
hinweg abgetragen wurden. In einigen "Wellentälern" jedoch sind Reste
dieser Kalkschichten in geologischen Senken erhalten geblieben, sogenannte
Kalkmulden. Teilweise sind diese Kalkmulden sehr fossillienreich. Sie weisen
eine unterschiedliche Flora zur Umgebung auf, nicht nur hinsichtlich der
Orchideen.
So liegen im Tal des Ahbachs an einigen Stellen mächtige Kalkfelsen
frei (Abb. 2), besonders gegenüber der Nohner Mühle. Sie zeigen
sehr gut die Beschaffeheit des Untergrundes an: helle, kalkreiche
Meeresablagerungen, die auf unterdevonischen Schichten liegen.
Wie man es aus anderen Karstgebieten kennt, können die Bäche in
diesem Gebiet durch die im Wasser vorkommenden Säuren, besonders
Kohlensäure und Huminsäuren, den Kalk lösen und typische
Lanschaftsformen von Kalkgebieten bilden: einerseits wenn Kalkstein
aufgelöst wird, dann entstehen unterirdische Wasserläufe mit
Höhlen, Dolinen oder unterirdischen Seen, andererseits durch Ablagerung
von Kalk, wenn das aus dem Wasser ausgeschiedene Kalziumkarbonat festes Gestein
bildet, entstehen sogenannte Kalktufffelsen.
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Abb. 1 Wanderkarte am
Parkplatz zur Nohner Mühle. Der Wasserfall liegt etwas südwestlich
von Nohn am mittleren linken Rand der Karte |
Abb. 2 Die Kalkfelsen
gegenüber der Nohner Mühle. Sie bilden hier den Südhang des
Tals, welches der Ahbach in die Kalkschichten geschnitten hat |
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Abb. 3 Der Dreimühlen
Wasserfall. Überwiegend sind die Sinterstufen von Laubmoos bedeckt,
so dass die Kaskaden grün erscheinen. Die große Stufe wurde 1986
durch Sprengung geschaffen, um das Gewicht des Wasserfalls zu reduzieren,
denn er drohte wegen des weichen Auen-Untergrunds instabil zu
werden |
Abb. 4 Einer der drei
Bäche im NSG Dreimüllerwald, die den Zufluss zum Wasserfall ergeben.
Am Bachbett ist deutlich der helle, weiße Kalkstein zu
erkennen. |
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Abb. 5 In den
fließenden Wassern der Bäche wächst
reichlich Nasturtium officinale R. Br., die Brunnenkresse. Die
Bäche führen nicht nur gelöstes Karbonat mit sich, sondern
auch makroskopisch sichtbare Bruchstücke aus Kalkstein jeglicher
Größe |
Abb. 6 Am Wegesrand
der Weiße Steinklee,
Melilotus albus Medik.,
ein Archeophyt, der als Viehfutter und Stickstoffbinder mit der Landwirtschaft
schon vor 1.500 n. Chr. nach Mitteleuropa gekommen ist |
Der Dreimühlen Wasserfall entstand, als man 1912 durch den Bau der
(mittlerweile stillgelegten) Eisenbahnstrecke Dümpelfeld bis Jünkerath
die im Kalkmassiv des Dreimüllerwalds entspringenden drei Quellbäche
umleitete und unter dem Bahndamm durchführte. Auf der anderen Seite
des Bahndamms bildeten sich am Gefälle zum Ahbach hin im Laufe der Jahre
Sinterfelsen, die zunehmend größer wurden und deren Masse mittlerweile
bis zu 10 kg pro Tag wächst.
Ursache dieses sehr raschen Wachstums ist das Laubmoos Palustriella
commutata (Hedw.) Ochyra, welches großflächig den Sinterfelsen
bedeckt. Die selbe Art ist beipielsweise auch an den Plitzwitzer Seen in
Kroatien bei der Bildung der Kalk-Sinterfelsen beteiligt. Durch das Moos
wird die Oberfläche des Wasserfalls deutlich vergrößert,
was die Kalkausfällung beschleunigt. Das Wachstum des Mooses geht dabei
schneller als es durch Überkrustung abstirbt. So wird fortlaufend neuer
Kalktuff gebildet. Bis zu 10 cm Zuwachs sollen es pro Jahr sein, die sich
die Wasserfallstufen ins Tal vorschieben.
Das rasche Wachstum des Wasserfalls in die Aue hinein hat dazu geführt,
dass der Ablagerungsboden in der Aue das Gewicht des Sinterfelsens nicht
mehr zu tragen drohte. 1985 wurde daher ein Fundament aus Beton eingegossen
und später der obere Teil des Sinterfelsens weggesprengt, was zur Bildung
der großen Stufe führte.
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Abb. 7 Eines der Biotope,
wo der Braune Streifenfarn,
Asplenium
trichomanes L., nicht an einem anthropogenen Standort wächst.
Sonst bevorzugt er ja gerne Mauerritzen, in denen verwitterter Mörtel
ein ausreichend kalkhaltiges Milieu schafft |
Abb. 8 Selbst in
vollschattigen, ausgeprochen feuchten Stellen des Kalkgebietes findet sich
der Braune Streifenfarn, Nohne, Eifel, 14.12.2013, 402 m, 50° 19' 33
N, 06° 46' 36 O |
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Abb. 9
Asplenium
ruta-muraria L. zusammen mit
A. trichomanes
L. in den Kalkfelsen des Wasserfalls Dreimühlen, Nohn, Eifel, 28.05.2914,
388 m, 50° 19' 28 N, 06° 46' 08 O |
Abb. 10
Cystopteris
fragilis (L.) Bernh. zusammen mit
Asplenium
trichomanes L. in den Kalksinterfelsen des Wasserfalls, Nohn, Eifel,
388 m, 50° 19' 28 N, 06° 46' 08 O |
Am Wasserfall selber finden
sich zahlreiche Farne, die auf dem Sinterfelsen gesiedelt haben. Wie zu erwarten,
trifft man den Braunen Streifenfarn,
Asplenium
trichomanes L., der ja bevorzugt in Mauerritzen lebt, in denen
verwitterter Mörtel ein ausreichend kalkhaltiges Milieu schafft. Auf
den Sinterfelsen hat er einen ebenfalls passenden Standort gefunden. Aber
nicht nur am Wasserfall selber, sondern auch auf frei liegenden
Kalkfelsformationen in der Umgebung ist er recht häufig zu entdecken.
Auf den Felsen am Wasserfall wächst Asplenium trichomanes
vergesellschaftet mit der Mauerraute, Asplenium ruta-muraria L.,
die auch häufig in Mitteleuropa auf altem Mauerwerk siedelt und am
Wasserfall ebenfalls einen idealen Platz gefunden hat. Das poröse und
von Löchern und Ritzen durchzogene Gestein bietet eben perfekte
Voraussetzungen für den Farn.
Seltener und auf kalkhaltige Standorte angewiesen, ist der Zerbrechliche
Blasenfarn, Cystopteris fragilis (L.) Bernh. Weit überwiegend
siedelt er in (sub-)montanen Regionen und findet auf den Felsen am Wasserfall
einen ausreichend feuchten und kühlen Standort. Sein Name rührt
von den zerbrechlichen Wedelachsen her, die im Gegensatz zu vielen anderen
Farn-Arten schnell bei starker Biegung abbrechen. Als Blasenfarn ist er
identifizierbar, wenn man die blasenförmigen Indusien (= schildförmige
Häutchen) betrachtet, die die Sporenhäufchen auf der Farnunterseite
bedecken.
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Abb. 11 Gelbe Blüten
des Aconitum lycoctonum
L. im Ahbach-Tal bei Nohn, Eifel, 28.05.2914, 389 m, 50° 19' 23
N, 06° 46' 23 O |
Abb. 12
Listera ovata (L.) R.
Br. auf einem Kalkschuttfächer im Ahbach-Tal nahe des Wasserfalls,
Nohn, Eifel, 28.05.2914, 397 m, 50° 19' 21 N, 06° 46' 21
O |
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Abb. 13 Blütenstand
der Neottia
nidus-avis (L.) Rich. an der alten Bahntrasse am Wasserfall,
Nohn, Eifel, 28.05.2914, 389 m, 50° 19' 20 N, 06° 46' 20
O |
Abb. 14
Platanthera
chlorantha (Custer) Rchb. auf einem Kalkschuttfächer in
der Nähe des Wasserfalls, Nohn, Eifel, 388 m, 50° 19' 28 N, 06°
46' 08 O |
Neben den Farnen beherbegt das Kalkgebiet auch einen überaus artenreichen
Bestand an Orchideen. Die feuchten, kühl-montanen Bedingungen sind ideal
für viele Arten, die sich teilweise schon von den Wanderwegen aus
erspähen lassen. Hierzu zählen die Grünliche Kuckucksblume
(oder Grünliche Waldhyazinthe), Platanthera
chlorantha (Custer) Rchb., das Große Zweiblatt, Listera
ovata (L.) R. Br. und das Weiße Waldvöglein, Cephalanthera
damasonium (Mill.) Druce. Botanisch von besonderem Interesse ist die
chlorophyll-lose Vogel-Nestwurz, Neottia nidus-avis (L.) Rich.,
eine Pflanze die zu den Vollparasiten gehört. Das heißt, sie bildet
kein Chlorophyll und bezieht ihre Nährstoffe aus Pilzen. Hierfür
ist das Wurzelgeflecht netzartig verflochten und fein verzweigt, was wohl
auch das Benennungsmotiv der Art ist. Typisch ist der Geruch der Pflanzen
nach Honig.
In der Umgebung des Wasserfalls liegen mehrere artenreiche Wiesen, auf denen
im Sommer zahlreiche Blühpflanzen zu unentdecken sind, die anderenorts
selten geworden sind: der blau blühende Wiesen-Salbei,
Salvia pratensis L.,
mit seinem imposanten Blütenstand und die ebenfalls blaue Gewöhnliche
Akelei, Aquilegia vulgaris L., sowie viele andere Pflanzen der
Trockenrasen. Die Wanderwege der Umgebung beherbergen ebenfalls eine große
Zahl interessante Pflanzen.
So finden sich in den feuchteren Aue-Bereichen an vielen Stellen Bestände
der Bach-Nelkenwurz, Geum
rivale L., die im Sommer mit ihren unscheinbaren gelb-roten Blüten
und den kuhschelle-ähnlichen Früchten aufwarten. Ebenfalls feuchter
mag es die Vierblättrige Einbeere,
Paris quadrifolia
L., die durch ihre eigenwillige Architektonik auffällt: oberhalb der
lediglich vier Blätter trägt sie eine einzelne, endständige
Blüte. Die Wegränder in den feuchteren und schattigeren Wäldern
und Hochstaudenfluren sind vielerorts gesäumt von der Schwarzen
Teufelskralle, Phyteuma
nigrum F. W. Schmidt, die ihren Namen von der ehemals
ethnobotanischen Nutzung als Hexenkraut bezog und in ihrem Blütenstand
krallenförmig nach oben gebogene Einzelblüten trägt.
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Abb. 15 Blüten
und Sammelfrüchte des Geum
rivale L. im Ahbach-Tal am Wasserfall Dreimühlen, Nohn, Eifel,
28.05.2914, 398 m, 50° 19' 19 N, 06° 46' 27 O |
Abb. 16
Salvia pratensis L.
in den artenreichen Wiesen des Ahbach-Tals in der Umgebung des Wasserfalls,
Nohn, Eifel, 28.05.2914, 50° 19' 42 N, 06° 46' 13 O |
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Abb. 17 Blüte der
Paris quadrifolia
L. im Dreimüllerwald nahe des Wasserfalls, Nohn, Eifel, 28.05.2014,
392 m, 50° 19' 29 N, 06° 46' 05 O |
Abb. 18 Dekorativer
Blütenstand von Phyteuma
nigrum F. W. Schmidt mit den röhrenförmigen
Einzelblüten, nahe des Wasserfalls, Nohn, Eifel, 28.05.2014, 400 m,
50° 19' 22 N, 06° 46' 13 O |
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Abb. 19 Ein paar Schritte
vom Wasserfall entfernt steht die Burgruine Dreimühlen,
ehemals im Besitz der Oda von Drimollen und seit 1807 weitgehend
abgetragener Burgrest |
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Der Dreimühlen-Wasserfall kann von Nohn aus erwandert werden oder alternativ
vom Örtchen Ahütte aus, wenn man die noch in Betrieb befindlichen
Steinbrüche "mitnehmen" will. Im Ort parkt man an der Ahbachstraße
und folgt den Schildern zum Wasserfall über den Mühlenweg oder
die alte, zum Wanderweg umgebaute Bahntrasse. Zeitpunkt zu einem Besuch ist
das ganze Jahr, für botanische Schätze eher der Frühsommer,
wenn die meisten Pflanzen in Blüte stehen.
Referenzen
Frahm, J. P. & Sievers, R. 2009: Der Wasserfall Dreimühlen.
http://www.jan-peter-frahm.de/Arbeitskreis/Exkursionsführer bod.pdf,
1618, am 27.12.2013.
Zitiervorschlag: Lorek, M. 2018: Am Wasserfall Dreimühlen.
http://www.tropengarten.de/Botanik/wasserfall-dreimuehlen.html am
Tg.Mo.Jahr.
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